oder die Rollberge am Oberländer Kanal
12.9.
Was für ein Tag:
Am Morgen Polen helfen ihr Auto aus dem Sand zu buddeln, mittags fahren Schiffe bergauf durch den Wald, abends singe ich mit Ossis Country Lieder und nachts schreibe ich mit Australien.
Ja, da hatten sie sich so festgefahren, das Auto hing Schnauze nach unten in einem tiefen Sandloch. Ich kann da selber nicht hinfahren. Es ist zu sandig ist und selber will ich nicht stecken bleiben.
Zwei junge Burschen, ein Mädel. Reifen abgefahren. Sie wollen mich überreden, aber ich traue meinem eigenen Gefühl. Ein langes Seil haben sie mit und ich schlage ihnen vor eine manuelle Seilwinde zu bauen. Gebe ihnen noch Holz, meine Unterlegkeile und Spaten. Sie wissen nur, dass man ausbuddeln muß. Mit vereinten Kräften bewegt sich das Auto. Meine Unterlegkeile verhindern Rückrutschen. Das Holz nutzt nix, weil die Reifen zu abgefahren sind.
Aber es funktioniert und ab einem bestimmten Zeitpunkt fange ich an zu schieben. Ein Bursche dann mit und dann ist das Auto frei. Das Mädel guckt nur entsetzt zu, positioniert sich dann aber für das obligatorische Handyfoto!
Mir wird klar, dass ich doch schon so einiges weiß. Jippijei das ist so nützlich für mein drittes Australien. Alle haben schnell geantwortet auf meine Camperanfrage und jetzt muß ich mich für meinen Favouriten entscheiden und der ist TCC.
Ich bekomme mein Wunschauto, das pistentauglich ausgerüstet ist. Nächstes Jahr um diese Zeit bin ich dann wieder auf meiner geliebten roten Erde! Und falls was dazwischen kommt, kann ich bis 55 Tage vorher kostenlos stornieren und danach greift meine Reiserücktrittversicherung. Und alles zu einem bezahlbaren Preis. Und alles in Polen im Irgendwo.
Schiffe gucken steht heute auf meinem Programm und so rolle ich durchs Land zu den Buckelbergen am Elblandkanal, bzw. Oberländerkanal. Es ist schon eine tolle Technik, die auch nach 130 Jahren noch funktioniert. Per Schaufelräder und Wasserkraft werden die Schiffswagen nach oben gezogen.
Ein Wagen fährt runter, der andere rauf, Seilbahnprinzip. Die „Wagen“ sind so konzipiert, das das Schiff sicher aufliegt und auch die Schraube genügend Bodenfreiheit hat. Dann folgt ein dreimaliger Gongschlag und der Wagenwächter oben am Berg drückt das Knöpfchen. In langsamer Gehgeschwindigkeit fährt das Schiff samt Besatzung über den Berg. Vier solcher Berge gibt es an diesem Kanal. An einem kann ich herrlich übernachten.
Im Sommer ist hier viel los, aber jetzt; drei stehen direkt am Wasser eng gequetscht und zu zweit sind wir oben, jeder hat eine Wiese für sich Es sind zwei Ossipäarchen, die sich zu dem Holländer dazu gesellt haben. Das Fahrverbotsschild haben sie einfach ignoriert. Sie laden ein zum Miteinander singen am Abend. Eine schöne Geste. Rhythmische Gitarrenklänge, jeder bekommt eine Rassel und so machen alte CountrySongs die Runde. (Ully, du hättest die hellste Freude daran gehabt)
Ich erfahre so einiges über das Ossileben und über ihre Beziehungsfreundschaften. Ein neues Wort für nützliche Beziehungen. Ich gebe dir was und du gibst mir was, in der damaligen DDR fast überlebenswichtig Und sie erzählen von den zwei Gesichtern, die man hatte.Das freundliche, zugewandte, angepaßte und das, was man wirklich dachte. Reisen konnten sie nur an die Ostsee, nach Polen, Ungarn und die Tschechei. Auf schöne Dinge, die man wollte, wie Fernseher, Auto mußte man jahrelang sparen und wenn dann die Heizung kaputt ging, seinen Antrag umändern. Ein mühseliges Leben, das aber den Zusammenhalt gefördert hat.
Mit der Wende hat sich das schlagartig verändert und der eigene Vorteil war wichtiger als das Miteinander, das nur so lange getragen hat, wie alle wenig hatten, jedenfalls von den Normalos. Ob man was anders hätte machen sollen, frage ich sie. Das die Ossi-Firmen zerschlagen wurden, bedauert er. Damit hatten sie keine Gelegenheit zu lernen, wie man produktiv arbeitet, nach dem Motto wer sich reinhängt, kann auch mehr verdienen.
Auch das behandelt werden als Menschen zweiter Klasse war für sie nicht einfach. Selbst die Russen, die sog. Freunde, sind so mit ihnen umgegangen. Sie hatten ja nix, kein Geld und das regierte längst die Welt. „Der Westen hat von Karl Marx das Kapital bekommen und der Osten den Kommunismus“ ein Spruch der damals die Runde machte.
Nun holen sie nach und machen ihre Reisen per Womo oder Bus. Ganz begeistert erzählen sie mir von Indien.Ich muß mich ein wenig zurückhalten, war es doch für mich schon in der Jugend möglich so weit zu reisen.
Mit meiner Taschenlampe und Stühlchen wandere ich zurück und schreibe noch eine Email nach Australien und habe schon in der Früh wieder die Antwort. Die Welt ist doch klein.
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