oder türkisblaues Wasser, Felsengräber und Philosophengeschwurbel
21.-22.4.
Es ist diesig gestern morgen. Das Meer rauscht von unten herauf, ein kleiner Wind umfächelt mich hier oben im Irgendwo zwischen Olivenbäumen und Karststeinen. Ich krieg Brummeli relativ gerade gestellt. Kein Menschlein da, nur ihre Hinterlassenschaften in Form von Plastik und Tüchern, Flaschen und Scherben. Mittlerweile schaue ich gut darüber hinweg und guck lieber in die Weite. Wie immer an solchen Irgendwo-Plätzen atme ich die Stille, lausche der Natur und finde es nur gigantisch. Weit weit weg vom Trubel der Welt.
Was machen wir Menschleins nur? Wie konnte es kommen, dass wir uns so weit weg vom Natürlichen bewegen? Der Natur unseren Willen aufdrücken und der Ganzheit einreden wollen, wir kleine Menschleins könnten es besser. Angesichts der einfachen Natur, nix Spektakuläres, angesichts des Wachsens und Vergehens, der ankommenden Wellen, die sich am Strand verlaufen, auslaufen und im Sande versickern, angesichts der zwitschernden Vögel und der Grillen, die unermüdlich ihr Lied säbeln, angesichts einer Natur die einfach da ist und lebendig – wie konnte es kommen, das wir diesen Ursprung einfach vergessen haben und ihn für unnötig erklären. Welche Wege müssen wir als Menschen gehen, jeder Einzelne, um zu seinem wirklichen Urspung und Sosein zurückzukehren. Wer sind wir denn wirklich und wieviele von uns sind bereit, sich die Frage zu stellen.
Und wenn ich eine Antwort finde, dann ist sie im nächsten Augenblick schon Makulatur. Gibt es überhaupt so etwas wie eine stabile, immerwährende Identität. Oder sind unsere Identitäten wie Kleider, die wir wechseln im Laufe unseres Älterwerdens und im Laufe der Jahrmillionen, der vielen Leben, die wir schon gelebt haben?
Am Ende werden wir auch diese Identität, dieses „Ich bin“ zurücklassen und nur noch im Irgendwo verweilen. Wie das allerdings ohne Ich geht, weiß ich nicht. Das Ich brauchen wir im day to day life, es ist notwendig in dieser Welt. Aber woanders, da wo Zeit und Raum seine Bedeutung verliert kann es hinderlich sein. Mal wieder Morgengedanken, wenn die Welt noch schläft.
Und da bin ich so richtig in meinem Element kommt doch eine Horde Schulklasse oder auch zwei, die schnatternd den Platz erforschen, Holz sammeln und ihren Ausflugstag genießen. Ein paar Brocken englisch fliegen hin und her, für eine wirkliche Unterhaltung reicht es nicht. Da habe ich keine Lust mehr meinen Blog weiter zu schreiben. Immer wieder wird mal neugierig geguckt. Also winke, winke du schöner Olivenplatz. Ungefähr vierzig Kilometer weiter gibt es noch einen Abseitsplatz. Steil bergauf und dann erstmal zu Fuß erforscht. Die ausgewaschene Piste ganz hinunter erspare ich Brummeli und bleib etwas weiter oben auf einem schönen Wiesengrund mit Weitblick. Ein paar Autos rollen zum hinteren Strand hinunter. Da stehe ich hier oben besser.
Und gestern, was heute vorgestern ist: auch da bin ich vor dem Blogschreiben ein bißerl weiter gefahren. Strände gucken. Eine Familie begrüßt mich und wir reden miteinander, bevor sie mit Kind, Kegel und Sonnenschirm den Sonntag am Wasser genießen. Brummeli fällt auf und ich als Alleinreisende auch. Türkische Frauen täten sich das nicht trauen, sagen sie, Westliche auch nicht alle, denke ich. Sie sind freundlich und zugewandt.
Die Männer verziehen oft kein Gesicht, ihre Meinung bleibt hinter den Augen verborgen und die jungen Burschen gucken eher frech. Das ist sicherlich die Mentalität hier und nicht böse gemeint. Trotzdem für mich gewöhnungsbedürftig. Ich bin ja noch immer in einer Tourigegend und da kann es sein, dass die Uhren anders ticken. Von der Kleidung und dem Gehabe unterscheiden sie sich nicht vom Westen. Überholt wird auch gerne mal rechts und rote Ampeln so manches Mal nicht ernst genommen. Es fühlt sich anders an, als wie in Marokko. Dort fährt man zwar auch kreuz und quer, trotzdem hatte ich das Gefühl das der andere mehr wahrgenommen wird. Mal gucken wie es später auf dem Land ist. Ich vermute, das da ein anderer Wind weht.
Der nächste Strand, – türkisblaues Wasser, herrliche Felsen und weißschäumende Wellen. Womos und Wohnwägen stehen direkt am Strand brav aufgereiht nebeneinander. Zum Blogschreiben gut, zum Schwimmen ist mir das Wasser zu wild.
In Fethiye will ich mir doch auch die Felsengräber anschauen. Zu Einem, das geöffnet wurde kann man hinauf stapfen und wenn man will Mumie spielen. Den Kopf auf das steinende Nackenkissen. Auch hier oben sind junge Burschen mit ihren Selfies. Ich kraxel wieder runter und weiter Richtung Bogazici. Dort munkelt man von einem Stellplatz in den Karstbergen mit Weitblick.
Vorher werde ich aber noch von einem netten Paar eingeladen, ein paar Worte zu teilen. Sie ist Deutsche und lebt seit 30 Jahren hier. Sie haben hier auf der kleinen schmalen Bergstraße im Karst ihren Tisch aufgebaut und genießen Natur und Weite. Sie erzählt mir noch von Karadere weit unten und das die Straße sehr schmal wird. Beide träumen auch das Womoleben. Ich bleibe nicht zu lange, denn ich hab noch kein Platzerl. Wie gut, denn der angedachte Platz ist nicht anfahrbar und liegt direkt oberhalb eines Hauses. Also weiter Richtung Kaladere, wo mir Park4night diesen Platz anbietet. Herrlichste schmale Bergspurlandschaft und das blaue Meer immer wieder weit unten. Bevor es richtig dunkel ist, stehe ich relativ gerade und die Stille hält Einzug.
Und nachdem die Stille am Morgen von der Schulklasse unterbrochen wird, setze ich sie auf diesem Platz fort und schreibe wenigstens schon. Ein Sparziergang zum Strand, der aber nur mit wirklich wilder Kraxellei erreichbar ist. Nix mit schwimmen und wieder zurück. Zum vorderen Platz zu laufen bin ich dann zu faul und laß Seelchen baumeln, Philosphie weit schwingen, und plane mal wieder ein bißchen das Weiter.