oder zurück auf meinen alten Platz nahe Aljezur
und schwurbelige Philsophie
19.12.
Graue windige Wolken, zappelnde Eukablätter und kleine, sich biegede Buschäste hier auf meinem alten Platz nahe Aljezur. Ab und an Regentropfen, die die Fensterscheibe hinunter laufen. Sie bleiben nicht lange, denn der Wind verteilt sie gleichmäßig über die Küste, übers Land, so sagt jedenfalls mein Wetterfrosch.
Ich rolle zu meinem Platz hier hinten im versteckten Nirgendwo. Alles ist so, wie vor sieben Monaten, als ich Abschied genommen hatte. Es schaut aus, als ob nie jemand anders hier hinten war. Mein Steinhügel, um Brummeli eben hinzustellen, blinkt mir entgegen und auch die Orientierungsäste links liegen noch. Ich bin berührt. Es fühlt sich an, wie ein bißchen nach Hause kommen.
So wie die Nomaden auf ihrem Weg alte Plätze besuchen, bleiben, um dann wieder weiter zu ziehen, so ist es hier für mich.
Sie finden ihre alten Feuerstellen, in denen die Glut längst verraucht ist. Sie hören im Wispern der Blätter ihre alten Geschichten, die sie sich abends erzählten. Und in der Stille der Nacht raunen die Geisterleins von dem Morgen.
Bilder, Gedanken, Gefühle werden wach. Was ist mir Anfang des Jahres hier alles durch den Kopf gegangen, welche Hoffnungen und welche Gefühle haben sich in mir abgespielt. Und wie stehe ich heute hier? Was habe ich gelernt? Was lerne ich immer noch?
Es ist ein großes Paket, das ich aufschnüre und verwundert zuschaue, wie gelassen ich das Innere betrachte. So viele Befürchtungen sind eingetroffen und im Moment schaut die Gesamtlage immer noch sehr düster aus.
Trotz allem bin ich gut durch das Jahr der offiziellen Einschränkungen gekommen. Ich bin guten Mutes, das auch im kommenden Jahr tun zu können, auch wenn uns die Medien das Grauen vom Himmel herunter beten. Ist es nur mein grenzenloser Optimismus? Kindliche Naivität?
Ich habe in dem Jahr immer wieder die Erfahrung gemacht, das die Suppe nicht so heiß gegessen wird, wie sie beim Kochen ist und uns groß und breit auf den Plakaten entgegen schreit. Ich habe erlebt, daß ich Schlupfwinkel finde und dann halt eben mal weg bin. Natürlich ist es anders wenn man herauskomplimentiert wird, als wenn man freiwillig geht. Und trotzdem, vielleicht habe ich gerade eine noch tiefere Beweglichkeit in mir kennen gelernt, eine noch größere innere Freiheit, die ich geahnt, aber so noch nicht gewußt habe. Loslassen ist für mich das große Zauberwort und nicht an dem oder dem anderen hängen bleiben.
Ich weiß nicht, wie sich mein Leben weiter entfaltet, wie sich unser aller Leben auf der gesellschftlichen Ebene weiter entfaltet. Mut machen mir die vielen, vielen Menschen, die keine Mühe scheuen, auf die Straße zu gehen und gegen Impfzwang, Bevormundung und Unterstellung zu demonstrieren. Der Wahn-und Irrsinn der Maßnahmen und Androhungen kennt ja keine Grenzen mehr.
Ungehemmt und schamlos wird geprügelt, verordnet, angedroht, sich widersprochen und das Blaue vom Himmel gelogen. Wie ein riesiges Höllenszenario. Verbrennt da gerade unsere „normale“ Welt? Und was kann und darf ruhig verbrennen, weil es sich überlebt hat und seine Bedeutung verloren? Was zeigt sich in diesem Szenario als wirklicher Wert, den es zu erhalten gilt, der Leben so lebenswert macht? Ist es für uns alle gleich, ähnlich oder ganz anders? Fragen, die ich nur für mich selbst beantworten kann.
Mein kleiner so liebgewordener Philosphenplatz hier draußen in der Macchia bei den Eukas, an dem sich das Meer mit dem Horizont vereint. Heute alles Grau und trotzdem baumelt mein frischgewaschenes Tshirt kurz an der Euka-Leine.