Küstenwanderung nach Knidos

oder über Stock und Stein bei rauhem Wind…

 

17.4.

Ein kühlerer Wind huscht heute morgen zu den Fenstern herein, die Böen haben sich aber verzogen. Ich schau mal wieder auf das ankommende Meer. In der Ferne ein paar Ziegenglocken. Wolken bevölkern den Himmel, wie kleine weiße Rauchschwaden. Ich bin wieder in meinem Daseins-Element, nach dem Motto nix muß, vieles kann und so einiges darf. Sich selbst auf die Schliche kommen, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Mein Draußen-sein animiert mich so meine Morgende ganz meiner Innenwelt zu widmen.

 

 

 

 

 

Aber die Welt ist nicht nur innen, sondern genauso außen. Und so mache ich mich auf eine schöne Wanderung entlang der Küste über zwei kleine Bergleins hinüber nach Knidos, den Resten einer alten antiken Stadt. Vorher stelle ich Brummeli etwas weiter hinten nahe einer alten Steinmauer auf, so das die Böen ihn nicht zu sehr rumschütteln, denn diese sind heftig bis Windstärke sieben.

 

 

 

 

 

Vorbei an zwei Stränden, einer Tränke für die Viecher und dann hinauf auf den Hügel. Unten in der Senke ein „Lost Place“ – verlassene Häuser und ein großer überdachter Brunnen, mit Stufen hinunter. Nur noch Wasserreste schimmern im Dunklen. Ich marschiere weiter über Stock und Stein, hangele mich einer Felswand entlang. In der Ferne blinkt schon der Leuchtturm auf dem Hügel. Hier ist die Türkei zu Ende und die griechischen Inseln nahe.

 

 

 

 

 

Nochmal um die Ecke und dann liegen vor mir ausgebreitet die Reste der alten Stadt Knidos. Ich bin schon genug in alten Mauern umeinander gestromert und bleibe oben. Das Halbrund des Amphitheaters und die Häuserreste sind gut erkennbar. Man müßte Geschichte wissen wer wann und wie geherrscht hat.

Mich interessiert mehr, wie haben die normalen Menschleins gelebt, was haben sie gedacht und gehofft, welche Nöte begleiteten sie und wie gingen sie mit dem Sterben, der Endlichkeit um. Hatten sie feste Vorstellungen von dem Danach, folgten sie Religionen und Riten oder blendeten sie es aus? Fragen,die auftauchen wenn ich nach unten schaue.

 

 

 

 

 

Ein Päuschen auf einem großen Sitzstein und dann bin ich in zwei Stunden wieder zurück. Der Wind fetzt noch ganz schön umeinander und auf meinem Stühlchen ruhe ich erstmal meine Knochen aus. Eine junge Türkin kommt und will mir etwas erzählen. Sie kann nur türkisch, kein Brocken Englisch und redet auf mich ein. Ich versuche zu verstehen was sie will und von wo sie kommt.

Vielleicht von dem Gehöft hinterhalb von mir? Ich verstehe sie aber nicht wirklich. Sie läßt sich auf meinem Stühlchen nieder und redet und redet und redet. Ich lache, zucke die Schultern und rede auf Deutsch. Selbst mit Händen und Füßen geht es nicht.

 

 

 

 

 

 Mein Internet geht grad auch nicht, weil es sich ins griechische Netz eingelockt hat. Also kein Übersetzer. Das habe ich selten so erlebt. Meistens konnte ich ein bißchen rausspüren, worum es ging. Vielleicht wollte sie ja auch einfach nur ratschen. Sie gab ganz lange nicht auf, redete und redete – keine Ahnung was sie mir wirklich erzählen wollte. Stehe ich auf ihrem Grund und Boden, nix deutet auf Privat hin, überlege ich noch. Aber das hätte sie mir zeigen können.

 

Irgendwann nehme ich mein Tablet, mache die Womotür zu und versuche weiter vorne Empfang zu kriegen. Dann verzupft sie sich.

Ja, wenn man die Sprache nicht kann und Hand und Fuß nicht funktionieren.