oder an der Algarve auf meinem Schlechtwetterplatz
24.2.
Auch mich holt der Krisenkoller ein. Die Verunsicherung ist stark und ich fühle mich so verletzlich. Was darf ich, wo kann ich bleiben, was kann ich jetzt riskieren. Es ist ja nicht, dass ich andere Menschen oder mich gefährde in meinem Einsiedlerleben. Die Frage ist, werde ich hier geduldet. (eine Frage, die sich ja auch viele Flüchtlinge stellen).Natürlich kann ich immer rauf zu meiner Schwester, aber das ist gerade auch nicht so einfach.
Sie ist auch verunsichert und hat ihr intensives Leben, muß Dinge regeln etc. Jeder von uns hat seine Krisenstrategie und wieder mal tauchen alte Wunden auf, (Geschwister) die verletzen. Kleinigkeiten, die zu Elefanten werden. Wenn ich gut in meiner Mitte bin, kann ich darüber hinwegsehen, es adacta legen und einfach nur wissen: So ist sie, sie meint es nicht böse oder will mich verletzen, aber so ist sie halt. Aber ich fühle mich heute nicht ganz in meiner Mitte und fühle mich schrecklich verletzt.
Also arbeite ich erstmal meine To-do Liste ab, nochmal einkaufen, Vorräte aufstocken, das ich lange irgendwo stehen kann, vor allem Gas tanken. Vielleicht kriege ich ja dann doch die Internetkarte für meine Schwester. Nach langer Wartezeit bei Worten gibt es eine, aber er kann sie nicht aktivieren. Schade, ich hätte sie gerne mitgebracht. Weil ich sowieso in Portimao Gas tanke, ist der Weg nach Guia nicht mehr so weit. Aber das Algarvezentrum hat geschlossen.
Zehn Kilometer sind es noch bis zu meinem Schlechtwetterplatz an der Praia Grande in Armaco de Pera. Ich bin neugierig. Stehen da Womos und wie gehen die mit der Situation um. Tatsächlich stehen drei dort. Das eine Auto habe ich schon in Marokko gesehen, ein Landshuter. Natürlich ratschen wir mit genügender Entfernung. Er steht schon acht Tage da und hat keine Probleme. Davor hatte ein Franzosenpulk Remidemmi gemacht und der Platz wurde geräumt, ohne Aufschreiben oder sonstige Sanktionen.
Anwohner hatten sich beschwert. Er bleibt und wartet ab. Hat sich ein Camp mit Vorzelt, Tisch und Stühle aufgebaut. Es ist eine Familie und sie leben auch im Womo.
Ich atme auf. Heute bleibe ich hier. Mit ein paar anderen Deutschen, die auf einem nahegelegenen Stellplatz stehen verhandelt der Besitzer noch, dass sie bleiben können. Der ADAC empfiehlt zu bleiben. Spanien ist zu. Ich stehe wieder auf meinem alten Platz, aber die Maschinerie des Krisenkollers läuft noch weiter. Ein Gespräch mit Ully hilft, aber danach streite ich mich doch schrecklich. Ach wie doof. Ich hätte besser sagen sollen, wir telefonieren erst morgen.
Und jeder kernnt das, wenn die Spirale mal angeheizt dann brennt sie. Später, denke ich an die Vielen die so eng aufeinander leben müssen, ohne weggehen zu können. Ohne Abstand sind sie in den Wohnungen, diesen ganzen unterschwelligen Gefühlen, von Verletzung, Enttäuschung, Unverstandensein usw. ausgeliefert. Unsicherheit wie geht es weiter, wie weit ist die Existenz bedroht, wieviel muß ich von meinem Comfort loslassen, was bleibt am Ende sind ja reale und ernstzunehmende Ängste. Nicht alle haben sich intensiv mit ihrem Innenleben auseinander gesetzt, um Strategien zu finden. Und auch das nutzt nicht immer, sehe ich ja bei mir. Ich weiß doch um die Grenzen und ich habe darüber doch schon viel geheult, gewütet, war zornig und letztlich verletzt. Ich habe noch kein Rezept dafür. Und wenn ich mich selber nicht in der Mitte fühle, dann kommt es zum Vorschein. Für mich mal wieder ein Punkt hinzuschauen.
Natürlich gibt es auch die, die herrlich zusammen in ihrer Wohnung mit Garten leben können und auch tun. Wieviel jetzt der familiäre Zusammenhalt trägt, wird sich erst am Ende der Krise zeigen, vielleicht sind es viel mehr, als wie ich gerade denke.
Ja, es ist auch im Womoleben nicht immer nur harmonisch. Aber jetzt, heute, wo ich das schreibe, bin ich wieder in mir angekommen, habe Abstand und muß mir nur noch die richtigen Schritte überlegen. Sitze draußen auf meiner kleinen Terrasse, die Sonne ist ein bißerl von Wolken verdeckt. Ein paar Jogger kommen vorbei und das Leben erscheint wieder einfach. Gefühlswellen kommen und Gefühlswellen gehen, das kennen wir doch alle!
Ina
Safar