In der kleinen Abanilla-Wüste

oder was hat Autofahren mit Zen zu tun…

30.9.

Wenn die Sonne über die Grasspitzen leuchtet und die Schrunden der trockenen Erde sichtbar werden,- wenn das tiefe Nachtschwarz sich in Blau verwandelt und das Leben erwacht und wenn der neue Tag bei mir mahnend anklopft und sagt, aufstehen du Schlafmütze, wach werden und nicht im Zwielicht den Träumen nachhängen,- dann, ja dann  ist es Zeit wieder in die Welt zu schauen und mit offenen Augen den Tag zu begrüßen.

 

 

 

 

 

Ich sitze in der kleinen Abanilla-Wüste bei Fortuna, nicht weit weg von Murcia. Nach dem vielen Meer ein bißchen Staub, zwinkert Brummeli mir zu und zu seiner Patina gesellt sich noch ein bißchen mehr Pistenfarbe. Ein schöner Übernachtungsplatz hier oben im festgewordenen Lehm, in dem nur wenig wächst. Aufwendig haben sie ein paar grüne „Inseln“, grüne Baum Plantagen, gepflanzt. Anfang des Jahres stand ich schon mal hier.

 

 

 

 

 

Nach vielen Kilometerleins komme ich an, sitze in der Abendsonne und ratsche am Telefon praktische Tipps fürs Überwintern in Deutschland. So weit sind wir schon gekommen. Die Armutsfalle schnappt schneller zu angesichts der horrenden Preissteigerungen und vor allem der von Strom und Gas. An kühlere Räume kann man sich ja gewöhnen und ein bißerl mehr anziehen. Aber wieder mal trifft es die Bevölkerung, die halt nicht so viel hat und die genau rechnen muß. Heftig. Und das sind Menschleins die brav Jahr und Tag gearbeitet haben….

 

Die Anfrage meinen schönen Reiseblog doch nicht mit dem Weltgeschehen zu vermischen geistert in meinem Kopf umeinander. Es geht nicht. Wenn ich schreibe will ich ehrlich sein. Ich schreibe nicht für den good will der anderen oder deren Zustimmung.

Ich schreibe das, was ich für mich als Wahrheit empfinde und dem gebe ich Raum.

Und ich lebe nicht getrennt, hier die schöne Reise oder das Draußen, die tolle Natur, das Unterwegssein und dort die Weltpolitik, das Geschehen, die Ängste, die Sorgen, die Gedanken und die Hoffnungen. Beides liegt nebeneinander, ist miteinander verwoben. Und so ist es auch in meinem Blog.

Ja, man kann sich dann einfach nicht nur wegträumen, liest man alles. Letztlich ist er doch so etwas wie ein Tagebuch und wen es interessiert, der schaut hinein und nimmt sich das, was ihm guttut. In der Tiefe schreibe ich für mich. Es ist eine Reflektion, wie ich mit dem Leben umgehe, welche Weichen ich stelle und was für neue Pfade sich auftun oder neue Fragen sich stellen.

 

 

 

 

 

Schön wäre es wenn die eine oder andere Frage, die eine oder andere Erkenntnis ein Fragezeichen beim Leser hinterläßt und ihn selber auf eine innere Reise schickt und ihn sein eigenes Leben nochmal betrachten läßt. Welche Weichen wurden gestellt, welche Pfade wurden begangen und ist das was man lebt, das was einen zufrieden macht? Schmiedet man an seinem eigenen Glück ? Was ist das eigene Glück?

Es sind doch auch die Fragen, die neben mir auf dem Beifahrersitz hocken und mich ab und an frech grinsend von der Seite anlächeln: “ Naaaa, höre ich sie raunen,- Naaaa was findest du denn heute für eine Antwort?“

Es ist wie der Zenmeister, der einem das Lebenskoan aufgegeben hat und immer wieder muß man ihm die Antwort präsentieren. „Weiter üben“, war bislang seine Antwort!

Also hocke ich auf meinem Fahrersitz, zwar nicht im Schneidersitz und begebe mich auf Fahrmeditation. Es ist fast wirklich so. Medien sind ausgeschaltet, keine Musik, keine Ablenkung nur das Brummen auf Asphalt oder noch lieber auf steiniger Schotterpiste. Die Aufmerksamkeit auf den Moment gelenkt, bis ich wieder merke, das irgendein Gedanke sich wichtig macht und am liebsten die ganze Frontscheibe verdecken würde.

Atmen, atmen, atmen und schauen, zuschauen, kommentarlos zuschauen bis zum nächsten Mal.