Von See zu See, nach Faro auf eine tiefe Fühl-Reise

oder einfach Natur pur, surfen durch Ängste und Hoffnungen und zurück auf meinen Aljezurplatz

1.-6.10.

Und wieder wache ich auf an einem so stillen See. Das goldene Licht des Morgens schimmert über das Wasser, die letzten Morgenwolken verkrümmeln sich und bald geht sie auf – dieser große goldene Ball, der uns hier auf der Erde Wärme schenkt und Leben möglich macht. Ein Fest, wenn sie so erhaben aufgeht, ihre Reise über den Horizont beginnt, um am Ende des Tages genauso erhaben zu versinken,- in die dunkle Stille, angefüllt mit Träumen, Ahnungen oder einfach einem erholsamen Schlaf.

 

 

 

 

 

Ich bin schon begnadet dieses immer wieder so hier draußen erleben zu dürfen, gerade in Zeiten in denen es holprig ist. Wie oft stehe ich staunend vor so Momenten des Glücks.

Dazu kommt, das nun ein Filmmuseum doch Interesse an dem Nachlass von meinem lieben Fritz hat. Er hat Kinogeschichte geschrieben und nun erfährt seine Arbeit eine letzte Würdigung im Museum. Oh wie schön!!!!

 

 

 

 

 

Und ich frage mich, was hinterlassen wir, wenn Schicksal meint, die Reise woanders fortsetzen zu sollen. Was hinterlassen wir und spontan kommt die Antwort – unser Leben! All das was unser Leben ausgemacht hat, was uns selbst ausgemacht hat,- die Erfahrungen, die Guten und die Schlimmen.

Die Erfolge und Mißerfolge, das Vorwärtskommen und das Stehenbleiben, die Entwicklung, die wir erkennen und vielleicht auch nicht erkennen. Die Begegnungen, das Lieben und geliebt werden, das Zusammensein und die Einsamkeit und für mich ganz persönlich das Eingebettet-sein in der Natur. Irgendwann geht es woanders weiter.

Und ist es nicht so, dass all die Eindrücke unseres Lebens als Spuren für einen Moment bleiben und dann langsam vom Wasser des großen Ganzen überspült werden, verschwimmen, um ganz zu versinken. Die Welt und der Sonnenball drehen sich weiter. Da wo meine Spuren waren, entstehen neue im Sand. Manche bleiben, werden sozusagen in Stein gegossen, andere verschwimmen ganz schnell. Manch einer hinterläßt Großes oder Größeres. Manch einer hinterläßt sein Leben in den Erinnerungen der anderen. Wieder ein anderer hinterläßt sein Lebenswerk, wie ein Haus, das noch für viele Jahre oder Jahrzehnte bestehen bleibt. Und was hinterlasse ich wohl mal? Vielleicht mein tiefes Angebundensein an die Natur, an die Natürlichkeit. Die Stille und den endlosen Raum, den ich hier draußen erfahre und ein breites Grinsen über das Theaterstück, das wir hier aufführen.

Immer wieder spüre ich, das es nicht um mich und mein Selbst geht. Ich, als ich bin nicht so wichtig. Ich komme und gehe, ich trage immer wieder ein neues Kleid, eine neue Hose,- die Umstände ändern sich. Was bleibt ist die tiefe Sehnsucht nach dem wirklich Wirklichen, nach der Wahrheit. Und wenn diese Sehnsucht als Teil der Fatamogana erkannt wird, diese Sehnsucht als Teil des Spiels hier auf der Erde, dann ist auch diese Sehnsucht irgendwann egal. Zutiefst egal, denn da wo wir, wo ich hin will, bin ich längst.

Es ist eine Täuschung, eine riesige Täuschung zu glauben, das es woanders ist als hier und irgendwann mal später als jetzt. Es gibt nur den Moment.

Große Worte heute morgen – aber sie tragen mich. Längst ist mein Unterwegssein ein Spiegel für mein so tief inneres Unterwegssein. Und so wandere ich weiter Richtung Portugal, da wo ich gerade mal sein soll.

 

Am Abend an meinem See bei Sao Mina Domingo genieße ich aus vollsten Zügen die Stille, die mich umgibt. Nur der See, ein paar Grillen, ein paar Vögel, die sich im Baum zum Schlafen einrichten. Und Natur pur um mich herum. Das wird die nächsten Tage wohl ein bißchen anders sein. Und während ich das schreibe ist es schon anders.

Ausnahmsweise schlafe ich nämlich mal in einem Steinhaus oder versuche es jedenfalls. Ich werde gerade hier gebraucht. Und so schläft Brumm draußen auf dem Parkplatz und ich in einer „Ferienwohnung“. Draußen schnattern noch die letzten Nachteulen, ein letztes Flugzeug hat gerade in Faro abgehoben und ein Auto rauscht vorbei. Stadtleben. Trotzdem ist es gut hier zu sein. Richtige Worte zu finden oder im Schweigen die Verbundenheit zu erleben. Manchmal ist einfach nur das Dasein gut,- mit oder ohne schlaue Worte. Und so surfe ich durch die Tage und kann zumindest unterstützen, Steine, die im Weg liegen an die Seite zu kullern.

 

 

 

 

 

Intensivste Fühlzeit liegt jetzt hinter mir. Die Wellen, die kommen und gehen kann ich als Unterstützer mitsurfen, anschauen, gehen lassen. Einfach nur mit da-sein, wach-sein und mit-fühlen, vielleicht hier und da ein Steinchen an die Seite legen und jeden Moment als Moment so lassen, egal wie er sich zeigt. Ein großer Hospiz-Begleiter hat mal gesagt: Heiße alles willkommen, weise nix zurück. Ein großer Satz, der immer wieder neu erobert sein will. Die Ängste ernst nehmen und nicht selbst darin zu versinken oder sie klein reden. Auch die Angst hat ihren Platz in unserem Leben und wenn Leben gerade Großes von uns fordert um so mehr. Die unendlichen Gedanken was ist, wenn … auch die haben ihren Platz in unserem Leben und wollen gewürdigt und erkannt werden. Die Hilflosigkeit, wenn man das Leiden der anderen nicht lindern kann ist so schwer zu ertragen und auszuhalten. Alles schreit, das darf doch so nicht sein, das ist ungerecht.

 

Und die eine Frage: Kann ich als kleines Ich die richtigen Entscheidungen treffen? Und kann ich unterscheiden, wann ich aus meinem Ich heraus Entscheidungen treffe und wann aus dem Schicksalsflow? Oder anders gesagt, stelle ich mich dem Schicksal, dem Lebensflow in den Weg oder bin ich Gehilfe?

Wie lernen wir Vertrauen in das Leben zu haben, in das was in der Tiefe Leben trägt. Was braucht es um diese Gewißheit zu spüren? Eine Weisheitslehrerin fragt ihre Menschen, die Rat suchen manchmal: Was wäre, wenn das was jetzt gerade ist genau das ist, wo Leben dich hinhaben will? Was wäre wenn dein Jetzt, egal wie doof es ist, genau das Richtige ist? Kein anderer Ort, keine andere Zeit, kein anderer Zustand, einfach jetzt.

Entspannung und Erleichterung. Man muß im Moment nichts tun, sondern darf sein. Ein nächster Moment, eine nächste Frage und ein nächstes Ankommen im Sein. Ist das Leben????

 

Und ich bin gerade an meinem Lieblingsplatz in Aljezur und brauche auch noch ein bißerl Zeit, bis ich wieder in den ganz meinigen Flow komme.

Der Wind, die Eukas und das Meer, der Duft von Zistrose und „mein Platz“, der noch genauso ist, wie ich ihn verlassen hatte, ist etwas besonderes. Vor allem jetzt , nachdem eine kleine Brandschneise geschoben wurde. Meinen Platz aber haben sie gelassen so wie er ist.

Für mich ein kleines Wunder!!!