oder wenn Schicksal einem Freund einen Strich durch die Rechnung macht und die Welt plötzlich für einen Augenblick stehen bleibt…
24.-26.9.
Ein Freund von mir erleidet einen Schlaganfall. Ich bin schockiert, hilflos, traurig und warte. Da ist eine Kraft, die soviel größer ist als wir, und die so plötzlich ins Leben eingreift und ihm eine Wendung gibt, ob man will oder nicht. Ich zieh mich zurück in meinen Atem, schließe den Freund mit ein und hoffe, das das Schicksal ein bißchen gnädig ist. Aber hier habe ich nicht mehr mitzureden. Hier muß ich schweigen angesichts dieser Kräfte. Jedes Wort ist fast eins zuviel.
Und doch tragen Worte Trost, geben vielleicht ein bißchen Halt in so einer haltlosen Situation. Schicksal zeigt sich in seinem unerbittlichen Sosein. All die Erklärungen, die man sucht, sind Erklärungen und Gedanken, die die Wirklichkeit erträglich machen sollen. Die Wirklichkeit verstehen, das kann ich nicht. Ich kann nur vor ihr stehen bleiben, still und schweigend, fühlend, mitfühlend und hoffen, das sie, die Wirklichkeit, das Schicksal, gnädig ist. Und wie diese Gnade dann aussieht, keine Ahnung. Vielleicht erkennen wir sie manchmal nicht, weil sie so unerträglich erscheint und erst sehr viel später das Eigentliche offenbart. In Gedanken bin ich bei ihm und bei den Menschen um ihn herum.
So bleibt mir nicht viel zu sagen heute. Ich stehe schon wunderbar an einem Kanal bei Hirtzfelden in Frankreich. In Gedanken begleite ich das Geschehen und rolle weiter, weil ich mich doch schon vor Wochen mit Christiane hier irgendwo in Frankreich treffen wollte und will. Das Wetter ist grauslich angesagt und so genieße ich noch jeden kleinen Sonnenstrahl der durch die Wolkenwand hindurch schimmert. Später kann es dann naß werden.
Und das später ist heute. Es regnet vor sich hin. Christiane hat sich mit ihrem Womo zwischen die Blätterbäume verkrümmelt und ich steh nicht weit weg auf der ungemähten ruppigen freien Wiese. Hier ist es heller. Gestern beim Ankommen scheint noch fast die Sonne und wir können draußen ratschen. Es ist ein offizieller Stellplatz mit einer Karte von Pass’Etapes. Das ich so eine schon mal besessen hatte, wußte ich nicht. Per Telefon und mithilfe eines netten Holländers, der gut französisch spricht, kriege ich eine Neue, die schwupps die wupps aus dem Apparat herauskommt. Nun kann ich hier für 13.40 die Nacht stehen oder 26.80 für zwei. Denn Christiane und ich beschließen, das wir noch bleiben. Ich kann in Ruhe meinen Blog schreibbereit machen.
Und so wird geratscht und erzählt, was es zum Erzählen gibt. Von meinem guten Freund erfahre ich, das er schon wieder etwas nuschelig sprechen kann und auch Bein und Arm lassen sich leicht anheben. Was für ein Glück – was für eine Gnade!!!! Es scheint, das das Damosklesschwert richtige Behinderung nochmal an ihm vorbeischrammt. Schicksal war gnädig! Und ich drücke alle Daumen, das er sich möglichst bald wieder gut erholt und all die Funktionen, die für ein gutes Leben so wichtig sind zurückkommen und bleiben. Wie ich anfangs schon sagte, das haben wir nicht selber in der Hand. Das Leben – unser Schicksal – führt uns an Plätze und es liegt an uns, wie wir diese annehmen, bewohnen und verinnerlichen. Danke liebes Schicksal, das du gnädig warst. Ich kenne andere, wo es anders ausgegangen ist. Die Frage, die für mich selber daraus resultiert: Bin ich der Lage die Plätze, die mir mein Schicksal zugedacht hat, würdevoll anzunehmen? Ich wünsche mir, das ich mich immer an diese Frage erinnere.