oder gondeln zwischen Hügeln und blauer Adria abseits von den Tourirouten
20.-31. August
Noch ist Hauptsaison und an den Stränden liegen viele sonnenhungrige Menschen. Ich entscheide mich deshalb im Hinterland bis Peljesac zu fahren, um dort an bekannten Plätzen eine Nische zu finden am Wasser, in den Hügeln oder im Irgendwo. Das Irgendwo ist mir zur Zeit am allerliebsten in diesen so bewegten Zeiten, in denen im Außen viel passiert, aber auch in meinem Innen.
Ein Zwischenstopp in den heißen Poljes, diesen kleinen Tümpelseen irgendwo in den fruchtbaren Feldern an der Neeretva. Ein Bauer winkt mir freundlich zu und ich kann herrlich schlafen zwischen Feigen und bestellten Feldern. Ich trau mich nicht eine zu klauen, denn es ist fast eine Plantage und außerdem sind sie noch nicht wirklich reif.
Über Ston geht es Richtung Peljesac und ob es meinen Geheimplatz oberhalb der Smokvina Bucht wohl noch gibt? Die Autobahn wird gebaut, die Berge durchtunnelt Richtung Kobas, einem alten Fischrestaurant, das früher nur per Boot und pedes erreichbar war. Heute führt von Broce eine geteerte Straße hinauf. Ich rumpel aber noch den alten Weg an der Baustelle vorbei über die Schotterpiste. Früher der einzige Fußweg nach Smokvina, der Feigenbucht mit ihrem kristallklarem Wasser.
Ein schönes Platzerl wartet auf mich. Der erste Tag eine Nische an der Teerstraße, der zweite und dritte eine kleine Plattform, knapp zwei Kilometer vor den drei Ferienhäusern. Mit dem Radl gehts zum Strand.
Lange rede ich mit Mirka, einer Übersetzerin aus Zagreb, die hier ein Familienferienhaus hat. Sie kennen sich alle hier und einer paßt auf den anderen auf.
Und vor allem passen sie auf, das keiner der Strandbesucher Feuer macht. Oft sind es nur die Einheimischen, die so frech sind, sagt sie und Privateigentum nicht respektieren. Für Womos gibt es nur den Platz, wo ich stehe oder weiter vorne an der Strasse. Am Strand selber ist alles privat bis auf einen kleinen Fußweg, der hinunter führt. Lange erzählt sie mir von dem Erdbeben in Zagreb diesen Frühsommer. Wegen Corona ist das ziemlich untergegangen. Es war ein heftiges Beben und viel wurde zerstört. Denkmäler sind umgefallen und Steinverzierungen der Häuser und Kirchen auf die Straße gefallen. Wegen Corona waren kaum Menschen draußen. Glück im Unglück.
Nach einer Stunde im warmen Meerwasser verabschieden wir uns und ich radel zum Brummeli zurück. Der Versuch über einen kleinen Trampelpfad zum Wasser zu kommen, endet irgendwo im stacheligen Gestrüpp oberhalb von wilden Felsen. Da komme ich nicht durch und wahrscheinlich auch nicht runter. Schade.
Und so ist mein nächster Schwimmstopp Dubrava, der aufgelassene Campingplatz. Ursprünglich wollte ich in Bjiesta vorbeischauen. Aber nun wird auch hier lautstark die Autobahn gebaut. Kroatien will Neum umgehen das zu Bosnien gehört und mittlerweile zu einer richtigen Landesgrenze mit Zollstation ausgebaut wurde. Nun führt die Trasse entlang der Berge der Peljesac-Halbinsel durch die wunderschöne Brjiesta Bucht. Das Tok-tok-tok der Presslufthämmer ist jetzt nicht unbedingt meine Ferienmusik.
In Dubrava ist es ziemlich ruhig und ich lege einen wunderbaren Schwimmtag ein und genieße Nixtun. Das Meer tut mir gut, einfach dasein. Noch nicht mal Blogschreiben tu ich. Und nach viel Meer sind wieder Hügel angesagt und ich finde meinen alten Platz wieder. Ich wußte nicht mehr genau, welche Schotterpiste ich abbiegen muß, aber der alte Brummeli hats dem Neuen noch zugeflüstert und der tut so, als ob er schon immer da gewesen wäre. Zielsicher rolle ich hinauf und hinab und finde einen herrlichen Platz. Außer einem Radfahrer kommt kein Mensch hier vorbei. Ein bißchen in der Gegend rumstromern, ein bißchen über Steine kraxeln und dann wieder meine Wasservorräte veringern. Es ist knalleheiß und jeder Windhauch wird willkommen geheißen.
Der Campingplatz in Loviste gefällt mir nicht mehr und eventuelle Schotterpisten sind nun abgesperrt. Privatno. Ok. Ein langer Ratsch an einem kleinen Kircherl mit einem jungen Kroaten, einem Feuerwächter. Er lebt unten in Viganj. Vielleicht falle ich mit meinem Brummeli auf. Leider kann ich nicht ums Kircherl herumfahren, es ist zu eng und so fahre ich nochmal trotz kräftigen Jugo zum meinem Felsenplatz. Es weht zwar, ist dafür aber nicht mehr so heiß.
Natürlich verfolge ich die Demo – diese große Berlindemo.Bin aber froh, dass ich persönlich nicht da bin. Diese Menschenmassen wären zuviel für mich gewesen. Obwohl die Rede von Robert F. Kennedy, dem Neffen von John F. Kennedy Gänsehaut macht. Und natürlich wiederholt er den Satz seines Onkels “ ich bin ein Berliner“, ein Satz den alle hier Versammelten heute sagen sollten, denn wir stünden wieder an einem Scheideweg zwischen totalitären Staat und wirklicher Demokratie, die vom Volk ausgeht und nicht von ein paar Wenigen der Geldherrschaft. Auf meinem Coronablog werde ich mehr dazu schreiben.
Es gibt noch einen Schwimmplatz an der kleinen Straße bei Tripanj. Den peile ich an und stehe direkt am Meer, kann schreiben und schwimmen, den Wellen lauschen und die paar Autos die vorbei kommen stören nicht. Es ist Sonntag und dank gutem Internet kann ich hier auch noch ein bißerl Büro machen. Mein Brummeli macht Schatten. Langsam kristallisieren sich meine Pläne heraus. Ich werde zum Paddeln doch zu meinem Lieblingsplatz auf Cres fahren.
Doch der Wind wird stärker und der kräftige Yugo weht direkt zum Brummeli her. Ahhhm – das gefällt mir nicht so gut, also rolle ich zurück nach Dubrava und finde den Windschutz unter Olivenbäumen. Jippiejeii kann viel schwimmen und telefonieren. Abends bin ich dann fast alleine. Der Nachteil dieses Platzes ist die Festtagsbeleuchtung nachts und die Nähe zur Hauptstraße.
Also gehts bevor ich mich auf den Weg Richtung Cres mache zurück zur Smokvina Bucht. Ich liebe den Blick übers weite Wasser, die Pinien und das Schwimmen. Hier kann ich ein bißchen Nachlese-Berlin hören und mir über die Spaltung auch in unserer Widerstandsbewegung Gedanken machen.
Manchmal fühle ich mich wie ein Greenhorn in dieser Politscene. Weiß ich wirklich genug, wieviel HIntergrundwissen fehlt mir? Dazu doch mehr auf meinem Coronablog.
Martin
Safar
Martin Stanggassinger
Safar