oder Grenzgedanken und ein Strandplatz
12.-13. 6.
Am Ende von Griechenland, am wirklichen Ende. Die Grenze nach Albanien ist nicht mehr weit. Die Sonne brennt heiß und der weiße Kiesel leuchtet mit dem Blau des Wassers. Korfu schimmert im Morgendunst. Grillen zirpen um die Wette und plätschern mit den Wellen weit hinaus. Brummeli hat gestern so einen tollen Platz bekommen (normalerweise ist der immer belegt) so daß ich entscheide, noch zu bleiben. Ein kleines Stück Grün vor dem Kies, eine kleine Baumnische für Schatten und ein kleines Holz das mir Halt auf den rutschigen Steinen im Wasser gibt Es schwimmt neben mir her. Geht doch.
In weiterer Ferne ein Österreicher. Auf den anderen Stränden dieser Straße entlang Griechenlandankömmlinge oder Abfahrer. Hier geht es zur kleinen Grenze Richtung Ksamil oder nicht mehr weit zur Fähre in Igoumenitsa. Für einen Moment oder auch zwei bewohne ich mal wieder ein Stück Land direkt am Meer. Es fühlt sich wirklich an wie bewohnen und häuslich einrichten.
Schwimmen, lesen, was futtern und interessanten Gedanken folgen. Das ist wohl die Kurzform. Die große Fähre von Igoumenitsa Richtung Italien tuckert vorbei . Hinten auf der Straße gibt es kaum Verkehr und so kann ich herrlich meinen Träumen nachhängen.
Von Strand zu Strand, vom „karibischen Agrilla“ zum weißen Kiesstrand mit den großen runden Fischfarmen auf dem Wasser. Am ersten Tag steht ein großes weißes Womo da. Also weiter, vorbei am Abzweig zur Grenze und weiter und weiter bis fast ganz zum Ende, da wo dann wirklich das Ende von Griechenland ist.
Eine steinige Piste hinunter zum Strand. Kein Menschlein da. Brummeli baut sich auf, Stühlchen gen Sonnenuntergang.
Es ist spät geworden bei meiner Rumbummelei. Ich verfranse mich auf Abseitswegen, die an einem Tor oder Verbotsschild enden und auf eine Piste hoch in die Pampas führen. So geht das wenn ich der Nase nach fahre. Umdrehen und auf normaler Straße Richtung Igoumenitsa und dann kleinem Weg hierher. Herr Hund kommt mich gleich besuchen und kriegt Futter und Wasser. Dann legt er sich hinters Womo schlafen. Das Wasser hier am Ende der Welt ist nicht ganz so einladend. Grünlich schimmert es her, zuviele Fischfarmen. Ich bin ja verwöhnt mit Wasserqualität.
Ein paar Schiffe tuckern noch vorbei. Der Wind wird weniger und die Grillen beginnen ihr Abendkonzert. Der Platz wäre wunderschön, wenn nicht die Schiffe so laut brummen täten. Das Wasser ist zu ruhig und trägt den Schall zu mir her. Am Morgen suche ich mir noch mein albanisches Portemonaie, bereite alles für die Grenze vor und rumpel die steile Piste wieder hoch. Ach, Brummeli bist du gut und holperst über Felsen und Steine ohne Ausrutscher. Herr Hund kriegt zweimal Frühstück, bevor ich alles zusammenpacke. Er stellt sich ein bißchen in den Weg, geht aber zur Seite und läuft mir noch nach. Kein einfaches Hundeleben hier. Wahrscheinlich trottet er traurig wieder von dannen, nicht wissend wann er das nächste Mal was zum Futtern kriegt.
Ich komme vorbei an einem Strand zu dem ich auch steil runterrumpeln müßte. Da kommen auch schon zwei Österreicher in ihrem Bulli, packen ihre Sonnensachen und marschieren hinunter. Runterfahren trauen sie sich nicht. Gestern abend stand jemand dort ganz hinten in der Ecke. Und dann sehe ich das dieser Platz frei ist, wenigstens mal gucken. Und aus dem Gucken wird bleiben und bewohnen. Sonnenschirmchen flattert im Wind, Stühlchen steht später im Baumschatten und ich richte mich heimisch ein. Das Wasser sauber, bis auf die ersten grünen glitschigen Steine und auch die Schiffe sind viel weiter weg. Das tuckern ist erträglich und eben viel, viel weniger. Naturstille kehrt ein.
Ich habe Zeit für ein bißchen Routenplanung, wobei das mit Planung ja so was ist. Halte ich mich dran oder schmeisse ich einfach alles wieder um. Wie will ich denn wirklich fahren? Irgendwann muß ich in Riesenschritten im Landesinneren vorwärts kommen. Im Moment hat mich das Meer noch tief in seinen Bann gezogen. Berge, Schluchten, Wasserfälle oder sonstige Schönheiten am Wegesrand werden zur Zeit fast verschmäht. Und während ich das schreibe, ahne ich schon, das ich auch heute noch bleibe. Meine beiden Plätze in Albanien sind besser nicht am Wochenende anzupeilen. Da sind sie doch alle lautstark knatternd und plappernd unterwegs. Verständlich aber eben nicht meine Welt.
Und meine Welt? Tjaaa – ich wandere innerlich durch merkwürdige Zeiten. Setze mich mit alten Geschichten auseinander, schaue sie an, fühle sie und entdecke, das es dabei um eine Wahrheit ging, die ich mich nicht traute auszusprechen. Wieviel von dem was mich bewegt kann ich hier schreiben. Es sind tiefe innerliche Fragen, die auftauchen und auf deren Antwort ich warte. Vom äußerlichem Krimskrams ziemlich weit entfernt, lausche ich nach innen zu einer Wirklichkeit, die sich nicht so einfach in Worte fassen läßt.
Leben spielt sich in Polaritäten ab und ist es genau diese Kraft zwischen Plus und Minus, die Leben ausmacht? Und was bedeutet dies für unser kleines Leben? Wie gehe ich mit den Polaritäten um, das eine möchte ich, das andere verschmähe ich. Die Spannung oder die Bewegung, die ensteht kreiert unsere Lebenswirklichkeit. Und,- ist die Wirklichkeit genau in diesem Pulsieren zu finden oder ist sie jenseits davon, da wo Bewegung aufhört und Stille einkehrt? Da, wo Beobachter und Beobachtetes eins wird, nicht mehr getrennt.
Puuuuh – eine merkwürdige Zeitqualität in der ich mich gerade aufhalte. Von außen drauf geguckt, könnte man auch sagen einfach ein bißchen gaga! Na gut, wer sagt denn, das ich normal sein muß!