doch zuerst schau ich noch in Luka „Du-brava“vorbei und wandere auf der Mauer in Ston
11. -12.September
Ich schlafe tief und fest und ein heftiges Grimlavina, das sich über mich und dem Womo ergießt weckt mich. Es donnert, grollt und Blitze zucken hin und her und mal wieder sind alle Wolkenschleusen geöffnet. Mein Brummeli hält das stoisch aus, während ich mir die Decke über die Ohren ziehe. Ich wußte, das ein Wetter kommt mit starken Windböen aus Südost. Hier stehe ich davor geschützt und auch der Untergrund ist steinig, so daß der Regen nichts ausmacht. Trotzdem bin ich froh, als es wieder vorbei ist und nach drei Stunden tatsächlich die Sonne scheint und der Himmel wieder blau wird. Angesagt war Starkregen den ganzen Tag. Noch ein bisserl Insel erforschen steht auf meinem Plan und dann gehts wieder Richtung
Norden…
Ich spüre, dieser Platz ist mein ganz privater „Abschiedsplatz“ von unserer gemeinsamen Adriazeit. Hatte ich ursprünglich vor auf unseren „alten“ Campingplatz zu fahren, scheue ich das jetzt. Ich verlasse unsere alten Pfade – (dies denke ich noch in der Früh!) so oft sind wir sie gemeinsam gegangen, gefahren, auf dem Wasser mit dem Boot getrieben – und jetzt ist heute und heute treibt der Wind gen Osten, gen Sonnenaufgang, gen Neubeginn, den ich ja schon längst, längst lebe. Es ist gut, sehr gut nochmal hier gewesen zu sein. Aber auch hier ist die Zeit nicht stehen geblieben und vieles ist anders geworden. Und ich finde dieser Platz ist ein würdiger Abschiedsplatz, fast ein wenig wie auf Crkvina, deiner kleinen Lieblingsinsel.
Und auch du hattest dort deinen ganz eigenen „Meditationsplatz“ auf einem Felsen, von dem du weit hinausschauen konntest, nach Olijpa und Tajan und durch die Einfahrt hinaus auf Mljet. Und der Mljetblick bei unserem Morgenschwimmerli vom Campingplatz aus war unser Umkehrpunkt. Und damals, das war in deinem Sterbejahr, hast du noch gedichtet:
Schau’n, Schau’n, die Welt ist so schön,
Ein Fest für die Augen in die Weite zu seh’n.
Die Seele ihre Freiheit gewinnt,
bei diesem Wasser, dieser Sonne,
bei Wellen und Wind….. und erst wenn wir Mljet sehn, ist unser Wasserhunger gestillt …..
Leider weiß ich es jetzt hier nicht weiter auswendig, doch in mir bleibt ein so großes Danke für unsere gemeinsame Zeit! Ja, ich habe so viel mit dir lernen dürfen und ich habe mit dir eine Liebe erfahren, die mein Leben so gewandelt hat. Boa!!!!!
Die Sonne scheint und ich gehe in meinem Leben weiter!Nochmal fahre ich zu den Seen und marschiere Richtung Monte Kuc, aber ich habe nicht so wirklich Lust. Spüre ich unbewußt, das Mljet doch noch nicht mein letzter Platz auf meinen alten Pfaden ist …
Auf jeden Fall entscheide ich mich kurzerhand die Insel zu verlassen, der Yugo, dieser schwülwarme, gewittrige Südwind, der dicke Wolken und Regen bringt unterstützen mich dabei.Und der böige Wind vrhindert das ich wirklich paddeln kann . Auf Peljesac gehts schnurstracks nach Luka Dubrava, dort gibt es einen aufgelassenen Campingplatz und ich stehe direkt am Meer, hinter mir dicke Wolken vor mir die Adria und müde und k.o. geh ich früh schlafen.
Also doch nach Slano. Schluss mit dem Rumgeeiere, sage ich zu mir selber. Natürlich mußt du nach Slano fahren, schließlich war das doch dein Plan gewesen. Irgendwie habe ich ein bisserl Schiss, dass es mir zu nah geht und trotzdem komme ich dem nicht aus. Wer weiß, wozu es gut ist.
Nach dem ausgiebigen Morgenschwimmerli, gemütlicher Kaffee gehts auf nach Ston. Auf die Burg von Ston wollte ich schon immer, auf dieser Steinmauer entlangwandern. Sie schaut aus wie die chinesische Mauer, die chinesische Mauer von Hravatska, Kroatien. Mit Rucksack und Kamera gehts los. Ich denke an Dragan. Dragan ein hochgewachsener kroatischer Bursche, der damals den Campingplatz Prapatno leitete. Im Yugoslawienkrieg hat er hier oben gekämpft, während sein Haus in Doli total zerstört wurde. Selbst die eingemauerten Habseligkeiten fanden die Serben. Darunter war auch unser Bootsmotor. Aber was war schon unser Bootsmotor im Vergleich zum Verlust von Haus und Hof und der Angst, der Angst um Leib und Leben..
Sie haben alles wieder gut aufgebaut, größer und schöner, als wie vorher, wie so viele andere auch. Wir staunten immer Bauklötze, wenn sie uns ihre neuen Häuser zeigten. Moderner und viel besser ausgestattet, als wie unser kleines altes Häuserl in Bergo-di-Lamo.
Weiter gehts auf direktem Weg nach Slano und Banja. Das Hotel Admiral ist groß geworden und längst fertig. Die Straße nach Bosnien über die Berge zur Höhle ist ausgeschildert und schaut von weitem gut befahrbar aus. In Slano gehts am Hafen vorbei, links und dann die Bucht entlang bis zum Ende. Dort ist der kleine private Campingplatz von Baldur. Und ein paar Deutsche von früher sind da und auch die Tschechen. Ich werde so herzlich begrüßt, als sei ich jedes Jahr dagewesen und auch mir selbst kommt es so vor.
Marija, die Frau von Baldur, mittlerweile schon 87 freut sich ungemein und auch Baldur, der von seinem Mittagsschlaf dazu kommt, freut sich riesig. Es ist echt, beide strahlen mich an und wollen alles wissen, wie ich jetzt lebe usw. Wir erzählen so gut wie möglich, sie verstehen viel Deutsch und ich ein paar Worte kroatisch. Es ist so herzlich. Und auch, wenn mir der Campingplatz nicht mehr so gut gefällt, quartiere ich mich unter Olivenbäumen ein, leider ohne Meerblick.
Mit dem Radl gehts nochmal die ganze Bucht entlang über Grgurici bis zum Hotel Osmine. Mei, das war das Urlaubsrevier von meinem Latzki schon viele Jahre vor meiner Zeit. Und weil er mir so viel erzählt hat, all die Geschichten, die er dort erlebt hat, mit dem Boot, nackert draußen auf der Insel und vom Hafenkapitän nach den Papieren gefragt werden, mit Tafelsilber auf Crkvina den Hochzeitstag von Helga und Klaus feiern, die sich doch die meiste Zeit nur in der Wolle hatten, auf dem Meditationsfelsen meine Briefkassetten hören, dem Grillkonzert lauschen und mit dem Boot über die Wellen reiten. Hier war sein Leben und hier war er zuhause. Immer wieder hat er gesagt, sein Großvater war ein Delfin. Schwimmen in der Adria war sein Lebenselexier.
In Grgurici fahre ich noch bei Marija und Jero vorbei, die Nachbarn von Kate, bei der mein Latzki lange sein Feriendomizil hatte. Wir liegen uns in den Armen und erzählen uns auch alles. Marija zeigt mir ihre neue Veranda, ihre obere Terrasse und die schönen Ferienappartements. Jero hat einen leichten Schlaganfall gehabt, aber ist wieder gut genesen. Ein Charmeur wie eh und je, genau wie Baldur, der mich auch zu gerne andauernd anfassen will. Freundlich lege ich die Hände wieder woanders hin. Ja, das war auch schon immer so.
Und ganz zum Schluss entdecke ich noch, dass der Weg hinter dem Kircherl nicht nur breit, sondern auch asphaltiert ist. Früher ein kleiner Trampelpfad hinauf zur Magistrale und zur kleinen Bucht, der Schlechtwetterbucht, jetzt fast eine „Autobahn“.
Bevor der nächste dicke Regenschauer kommt, bin ich wieder an meinem Brumm und verziehe mich ins Innere.
Renate
Safar