Zuhause ist für mich da, wo der Horizont anfängt…

oder Alentejo und eine Radlrunde durch Carapateira

 

9.-11.10.

Ein großer kugelrunder gelber Vollmond kullert fast zu mir herein. Erst schaut er durchs Dachfenster und fragt an, bist du schon wach, während ich noch dösend, vor mich hinträumend mit geschlossenen Augen in die dunkle Welt schaue. Dann kommt er von der Seite, noch runder und noch heller. Hey, mach deine Augen auf, flüstert er, das Meer ist so nah und schau mir zu, wie ich langsam im Morgendunst aus deinen Augen verschwinde. Ich verschwinde nicht wirklich, nur du kannst mich dann nicht mehr sehen.
Mondgeflüster am Morgen.

 

 

 

 

 

Die Sonne geht in den Eukas auf und ich schaue auf die Weite und den endlosen Horizont vom Meer. Ich schlafe wieder auf meinem Zuhauseplatz, während ich tagsüber mit meinem Schwesterl in unsere so ganz eigene Schwesternzeit eintauche. Morgenabend bringe ich sie dann zum Flughafen.

Vor der Schwesternzeit gibt es eine schöne Radltour durch Carapateira. Für Womos ist die Schotterpiste gesperrt. Früher standen wir hier und es gibt noch ein paar Wenige, die trotzdem hochfahren. Muß nicht sein, wozu habe ich mein Radl.

 

 

 

 

 

Einmal rauf und runter, alle Plätze besucht und an einem meiner schönsten Übernachtungsplätze verweile ich ein bißchen. Ein großer Erdwall mit Graben verhindert die Autos. Ich kann es verstehen, auch wenn es schade ist. So hocke ich auf dem kleinen Stein hoch über den Klippen und genieße „mein Caraparteira“, bevor ich mich auf den Weg nach Vale mache.

Mit aller Energie wird hier ein Projekt gestartet und die Freude ist groß, das sich etwas verwirklicht, was lange mal angedacht war. Sehe ich mich darin? Die Verführung ist immens; – eintauchen in etwas von dem ich tief innen aber auch spüre, das es nicht meins ist. Eintauchen in eine gewisse Art von Normaliltät und dem folgen was überall, vor allem in den alternativen Medien, gepredigt wird. Vernetzt euch! Sie sind Meister in der Vernetzung!

Ich rolle abends zurück zu meiner kleinen Eremitage, an dem ich die Freiheit spüre und in die Unendlichkeit, und wenn es auch nur der Horizont ist, blicke. Ich spüre, das dieses große Wir, das sie leben und das sie erfüllt, zutiefst erfüllt, nicht meins ist. Es setzt sich nicht nur aus Ich und Du zusammen sondern ist ein Drittes, ein Neues, das sich aus der Essenz der Menschleins ergibt. Ich wandere den Nomadenpfad und sie wandern den Pfad der Siedler, deren Grundlage nicht nur ein naturnahes Terrain ist, sondern ein Miteinander, das in der Tiefe die Ahnung von Einssein hat.

 

 

 

 

 

Wenn ich mich überhaupt irgendwo niederlassen wollte und wahrscheinlich ziemlich sicher, will ich das gar nicht, dann müßte der Blick in die Unendlichkeit reichen und darf nicht begrenzt sein von Bäumen, Häusern, Bergen und Tälern. Dann bräuchte ich endlose Weite in der Wüste, der Steppe, am Meer oder in irgendeiner Form von Nixlandschaft, sage ich heute.

Und so wache ich auf, wohl ahnend das ich kein Land mehr besitzen muß.  In der Tiefe meines Herzens bin ich Nomade, den man nicht einsperren darf in irgendeine Form von Wänden. Zuhause ist für mich da, wo ich mich in die höchsten Höhen aufschwinge, in die tiefsten dunklen Höhlen krabbele und mir durch das Dickicht einen Weg bahne. Vor allem aber ist mein Zuhause da, wo ich meiner ureigensten tief inneren Überzeugung folge, auch wenn sie gaga erscheint oder so anders ist, als wie man es tut oder tun sollte. Letztlich ist für mich Zuhause da, wo der Horizont anfängt.

 

 

 

 

 

Ich verstehe warum ich so gerne genau hier bin. Hier komme ich in den Flow und die Worte, die meine Fingerchen auf der Tastatur klimpern erzählen mir meine Wahrheit. Was für ein Morgen!
Mit diesen Gedanken begebe ich mich in unsere Schwesternwelt. Am Strand von Faro Abendessen mit Wellengeplätscher, bevor wir uns am Flughafen verabschieden. Es war einfach nur wunderbar und ich bin  froh, dass wir doch noch so viel Zeit miteinander hatten.