Pendeln zwischen Bergen und Meer

oder über Adamkayalar, Canakci Nekropolosi und verbauter Küste zurück ins Gewitter

1.-2.5.


Zwischen Wolke und Sonne, zwischen Regen, Gewitter und stürmischen Wind wache ich heute morgen bei drei Zedern im Irgendwo auf. Wieder ein klarer sauber geputzter Himmel. Morgens ist die Welt meistens schön, bis dann schwüle Luft und die Gewitter Einzug halten. Ich stehe hoch oben nahe dem Damm bei Sariaydin, der den Fluß staut. Einst rauschte es hier die Felsen hinunter und formte das tiefe Tal. Heute wird es zur Stromgewinnung benützt.

 

 

 

 

 

Eine große Piste hinauf und eine lehmig glitschige den See entlang. Ich drehe um, angesichts der dunklen Wolken und platziere mich in einer Art Senke. Bei Gewitter will ich nicht am höchsten Punkt frei in der Landschaft stehen und bei Regen nicht auf einer matschigen Piste entlang schlittern. Irgendwo weiter hinten sind Hirten. Ein Erforschungsgang wird vom Regen jäh unterbrochen.

 

 

 

 

 

Was habe ich denn in den zwei Tagen gesehen und wo kam ich her?


Das doofe Wetter treibt mich von meinem Steinbruch Richtung Meer. Dort soll das Wetter schöner sein. Ich rolle mit dunklen nassen Wolken durch eigentlich schöne kahle Berglandschaft. In einem kleinen Ort wird meine Kombüse wieder etwas aufgefüllt. So viele Touris kommen hier wohl nicht vorbei. Neugierig schauen sie und Brummeli kriegt mal wieder ein paar Daumen nach oben. Kurz vor dem Meer, die Sonne scheint wieder, gehts vorbei an alten römischen Steinen. Hier sind wieder mehr Menschleins unterwegs.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wo finde ich denn einen guten Übernachtungsplatz? Ich biege in eine kleine Straße ab, auf eine Piste und bleibe nahe an einem Feldrand stehen. Ein Ziegenhirte wundert sich und später noch ein anderer. Ich krieg nicht wirklich raus, ob sie wollen das ich weiterfahre. Es ist schon abends und ich bleibe und sie trotten dann auch von dannen.

 

Morgens wieder herrliche Sonne und Adamkayalar, die Menschen im Stein, rufen mich. Hoch oben auf einem Hügel Reste der altrömischen Siedlung mit Rundbogen und Mauern. Ein Pfad führt hinunter Richtung Schlucht. Ob ich ganz hinunter kraxele? Ich tue es nicht und drehe um.

Der Weg ist kein Weg sondern Kraxellei zwischen Felsen und das am Steilhang. Das ist mir doch zu gefährlich. Ich wandere noch den großen Weg entlang, ob ich vielleicht einen Blick von oben drauf werfen kann. Nix da. Na gut, nicht weit weg gibt es noch eine alte Felsengrabanlage mit Menschen im Stein. Die müssen als Ersatz herhalten.

 

 

 

 

 

Vorher schaue ich noch bei den „Löchern“ im Karst „Himmel und Hölle“ vorbei. Touristisch gut vermarktet mit Aufzug nach oben. Eine Horde plappernder Schulkinder steht schon erwartungsvoll da. Nein danke, da habe ich keine Lust hinunter zu wandern, auch nicht mich bei einer anderen Attaktion in die Kassenschlange einzureihen.

Ich bin wieder bei den vielen Menschen am Meer gelandet. Oh, ist es schrecklich hier. Die Küste total verbaut, jede Bucht vermarktet und die Schnellstraße führt direkt am Meer entlang. Da habe ich noch nicht mal Lust zu schwimmen. Nix wie weg.

 

 

 

 

 

Canakci Nekropolosi, eine alte Grabanlage aus dem 1.Jahrhundert vor Christus. Auch hier wurden über den Steingräbern Menschen in Stein gemeißelt. Sie drücken die Trauer um den Verlust aus, erzählt mir eine kleine Tafel. Die Löcher in der Felswand sind leer. Ein Sarkophag halb offen dient den Mücken als Brutstätte. Wasser hat sich ihm gesammelt. Ein anderer liegt irgendwo quer in der Landschaft, der Deckel halb vergraben. Auf schmalem Pfad wandere ich von Grab zu Grab, schau hinein. Ein Ort der Vergänglichkeit und des Erinnerns.

 

 

 

 

 

Ich hatte von einem Trend gehört, sich Zeitkapseln zu basteln. Eine kleine unvergehbare Box, in die man das hineintut, was für die Menschen in 500 oder 1000 Jahren vielleicht interessant sein könnte. Wie haben wir gelebt, was war uns wichtig und was wollen wir, das in Erinnerung behalten wird. Etwas, das den Menschen der Zukunft unser Leben nachvollziehbar macht. Also Zeitgeist und Persönliches. Diese Box wird dann irgendwo vergraben, wo sie vielleicht mal gefunden werden kann. Geschichte heute basteln. Nichts anderes ist es, wenn ich durch die alten Mauern streife und versuche mir vorzustellen, wie das Leben damals wohl war. Vielleicht gibt es dann irgendwann mal ein Museum der Zeitkapseln, grins, grins! Oder wir sind längst so in der Quantenwelt zuhause, das diese Informationen auf anderem Weg abgerufen werden kann.

 

 

 

 

 

Ich fahre wieder Richtung Berge, weg aus dem Tourigerummel. Mein Wetterfrosch hat mir Blödsinn erzählt. Er munkelte nämlich von den Gewittern am Meeresufer und von Sonnenschein in den Bergen. Pustekuchen – die dunklen Wolken vom Nordosten rücken näher, zwar auch bis zum Meer, aber eben auch über mich hinweg. Und es dauert noch bis ich aus diesem doofen Tief hier weg bin.

 

Nur morgens, wenn die Luft noch kühl ist scheint die Sonne, aber im Nordosten lauern schon die Wolken.