Angekommen in Bulgarien

oder ein herrlicher Schwarzes-Meer-Platz und Rückblick auf mein türkisches Abenteuer


8.-10.6.

Ist das einfach schön und gut hier! Mal wieder weit ab von allem. Kein Müll, kein Geschnattere, keine krächzenden Muezzinrufe hier am weiten schwarzen Meer, nahe Rezovo am äußersten Ende von Bulgarien. Neben mir die felsige Küste und eine Blumenwiese auf der ich mich häuslich einrichte. Brummeli steht gut, der Wind fächelt vor sich hin. Kein Kommen von Autos, Quads, lauten Motorrädern oder auch Wassermotorrädern. Es ist noch keine Saison und nur ein Fischer auf seinem Boot dümpelt weit unten. Mein kleiner roter Sonnenschirm spendet genügend Schatten. Mücken sind fast keine da. Ab und an brummt eine große Fliege vorbei, die aber nix tut. Schmetterling tanzen und Vögel zwitschern weiter hinten in den Bäumen. Am Abend höre ich ein paar Kojoten heulen.

 

 

 

 

 

Trotz Wochenende ist es still hier und ich tauche ein in diese ruhige Atmosphäre. Ist es wirklich so, dass die Gesichter wieder weicher werden? Das harte, manchmal eher grimmig erscheinende Gesicht der türkischen Männer ist mir aufgefallen. Ich habe sie nicht so oft lachend gesehen. Lag es an mir oder ist die türkische Mentalität einfach so anders und ich damit nicht wirklich kompatibel?

 

 

 

 

 

Ich brauche sicherlich noch ein paar Tage dieses Abenteuer zu verstehen. Es ist nicht mein Land, das fühle ich. Bin innerlich doch fremd geblieben und eher noch mehr geworden. Auch meine Gesichtszüge sind dort eher erstarrt. Ein paar nette Begegnungen und ein paar lachende Gesichter, Betonung auf paar. Auf meinen ganzen Reisen ist dies das erste Land, in dem ich mich nicht wirklich ganz entspannt und wohl gefühlt habe. Mein Hab-acht ist mehr und mehr geworden. Vielleicht liegt es aber auch an mir, an meinem So-sein, denn es gibt genügend Menschleins, die sich dort wohlfühlen und auch mit den Menschleins dort gut zurechtkommen.

Ich denke an die Worte eines deutschsprechenden Türken ganz am Anfang der Reise: die Türken sind laut und das hat sich leider bewahrheitet. Die vielen Kameras auf den Straßen, die Registrierung deines Autokennzeichens bei jedem Tanken, die vielen Pappmacheattrappen von Polizeiautos, dazwischen Echte, hinterläßt bei mir ein Gefühl von überwacht sein. Und die Autofahrerei verläuft eher nach dem Motto, der Stärkere hat Recht. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind nur dazu da, nicht eingehalten zu werden und die großen Laster fahren wie „besengte Säue“. Mein defensive Fahrweise hat mir da geholfen. Lieber anhalten! Fazit: Ich bin einfach nicht wirklich warm geworden mit dem Land und seinen Menschleins. Spannend! Und das sagt im wesentlichen mehr über mich aus, als über die anderen.

 

 

 

 

 

Dazu kommt das die Landschaft auch nicht meine Lieblingslandschaft ist. Die Küste am Meer ist verbaut, verstädtert und ruhige Plätzchen eher rar. Weit draußen am Land Richtung Osten sicherlich viel mehr Weite, aber genau dort habe ich mich nicht so sicher gefühlt. Den Nordosten habe ich nicht gesehen, das Wetter war zu schlecht. Und mitten drin schon interessante Stellen – das Kapadokien, die Salzseen, Bergformationen und Vulkanlanschaft, tiefe eingeschnittene Täler und ein paar Höhlen, die unterirdischen Städte und lost Places. Manche Seen wären sicherlich auch zum Paddeln gut, aber Brummeli lange alleine irgendwo in der Pampas stehen lassen, wollte ich nicht und alleine rumpaddeln,- da wäre ich irgendwie zu sichtbar gewesen. Ein paar alte Steine und Göbelik Tepe spannend.

Könnte es sein, dass über dem Land so etwas wie eine energetische Glocke liegt, die die ursprüngliche Schönheit und Erhabenheit verdeckt? Vielleicht? Oder ist es „meine Glocke“, die ich dem Land überstülpe. Ich weiß es nicht.

Ich bin froh wieder weg zu sein. Aufgefallen ist mir, dass ich fast nie eine Moschee fotografiert habe, obwohl ich an vielen goldenen Kuppeln und ihren spitzigen Türmen vorbei gekommen bin. Auch nahe Konja habe ich mir nicht die „Sufis“ angeschaut, die sich dort drehen. Erlebe ich den Islam in der Türkei anders als wie in Marokko? Mein persönlicher Eindruck ist, das er hier aufdringlicher ist, der Muezzin knatschiger, die Moscheen oft prunkvoller und viel „beherrschender“. Vielleicht aber auch nur mein Blick.

Und so sitze ich hier heute morgen wieder in der Stille des Meeres im Schatten meines Sonnenschirms. Nix drängt und es gut, noch zu verweilen bis ich mein türkisches Abenteuer verdaut habe. Gestern eine kleine Wanderung den Klippen entlang auf schmalem Pfad, oft überwuchert bis hinunter zu einer Schwimmbucht. Das schwarze Meer schmeckt anders oder nur diese Bucht. Salzig ja, aber mit einem Hauch von Soda. Meine Wanderschuhe bleiben vorne bei den Steinen, bevor ich durchs Wasser zum Strand wate um dort zu schwimmen. Kein Mensch weit und breit und auch keiner, der kommen könnte. Also bleibt der Badeanzug trocken.

 

 

 

 

 

Wieder über Stock und Stein, Felsen und Baumstämme, Wäldchen und schmalem Klippenpfad zurück zu Brummeli. Es ist so gut und heilsam hier, so daß ich auch heute noch bleibe. Viel zu schön nach dieser, doch eher wuseligen Zeit.