Das versunkene Dorf Geamana

oder orangerote Giftbrühe und ein gesunder Platz hoch oben in den grünen Bergen

22.8.


Nebelschwaden steigen vom Tal hinauf und die ersten Wolken bilden sich. Unspektakulär stehe ich hoch oben über dem Nebel und die Sonne wärmt Brummeli. Ich hatte nur noch ein Fenster in der Nacht offen. Bergesruh umgibt mich. So wunderbare Stille.

 

 

 

 

Ich laß mir Zeit heute morgen, hänge meinen Träumen nach und spüre wie diese Stille etwas in mir berührt, das hinter den Worten steht.

Da ist ein Hauch von Ahnung, ein Hauch von dem, worum es wirklich geht. Ist unser ganzes Erdenspektakel, unser gefühlsmäßiges Verwickeltsein in dies und jenes, unser Festhalten an Formen, egal ob gut oder doof, unsere Ängste und Vorlieben, – ist unser Streben nach einem guten Leben, was immer das bedeutet, nur ein Puzzelstück vom Bewußtsein, das sich dadurch ausdrückt.

Geht es in unserem Leben darum, bewußter und bewußter zu werden, Identitäten zu durchschauen und sie als Spielfigur in diesem großen Weltentheater zu erkennen?

Im Himalaya, als ich vor vielen,vielen Jahren dort war, in noch viel größeren Höhen, schrieb ich in mein Tagebuch: „Suddenly I realize that I’ve always been here, only changing the form.“ Plötzlich erkannte ich, das ich schon immer hier war, nur meine Form änderte. Wer ist das Ich, das seine Form ändert? Wer oder was ist das, was weitergeht von Leben zu Leben? Ist dieses Weitergehen einfach nur Entwicklung oder soll ich sagen „Auswicklung“ von all den Hüllen mit denen wir uns identifizieren? Und wenn keine Hülle mehr bleibt,- was taucht auf? Als mein Mann starb erlebte ich wie unendlich verletztlich und nackert er in diesem Sterben war. Es war so, als ob er keine schützende Haut mehr hatte. Die irdische Hülle trennte sich von ihm. Und vielleicht war es „nur“ der Körper, das so bekannte Ich, das so verletztlich war. Dahinter,- vielleicht ganz ganz anders.

 

 

 

 

Und gestern: Der Giftsee hinter Campina rufte.Geamana ist ein untergegangenes Dorf. Von der nahegelegenen Kupfermine wird alles Giftwasser in dieses Tal geleitet, das nach und nach immer höher überschwemmt wird. Zäher Schlamm und orangerotes Wasser, das allerdings blau die Felsen herunterrinnt. Die alten Strommasten sind noch sichtbar, das Dach eines Hauses und Baumwipfel, die immer noch herausragen. Wie lange können sie standhalten? Immer höher steigt die giftige Brühe, immer mehr Häuser müssen verlassen werden. Es ist gespenstisch, unheimlich und bedrückend. Die Wenigen, die noch geblieben sind, wirken müde. Auch ihre Häuser schon so weit oben stehen nicht mehr für ewig. Eine Nische wird ausgebaggert für weitere stinkende Giftbrühe.

 

 

 

 

Ursprünglich wollte ich mit dem Radl drumrum, aber der Wettergott schickt dunkle Wolken und Gewitter. Es macht das Ganze noch ein bißchen gespenstischer. Brummeli rumpelt den schmutzigen Pfad entlang. Da wo die Brühe den Berg runter kommt, drehe ich um. Es wird zu matschig und mit dem Radl wäre es eine steinige Pfützenpartie. Besser zu Fuß.

Schlafen hier oben (ich hatte das kurz angedacht) tue ich nicht, sondern rolle zurück auf eine andere Anhöhe, wo es einen Park4night Platz gibt. Steil hinauf und etwas schräg, aber gut. Heile Luft und heile Berge. Erst spät bin ich da in Wolken und Nebelschwaden. Macht nix, innen ist es gemütlich.

 

 

 

 

Und weil heute morgen mein Computer sein Eigenleben entwickelt hat, sprich sich einfach auf Windows 11 aktualisiert (das wollte ich erst in Bayerbach machen) muß ich mich an das doofe neue Bildprogramm gewöhnen. Mehr Klicks – früher war es einfacher. Na gut – ist halt so und auch daran werde ich mich gewöhnen!