Kieselgemurmel an der Dermatos-Bucht

oder über Myrthos der Küste entlang zum wilden Strand…

 

23.4.

Guten Morgen da Draußen, du blaues Meer mit der weißen Gischt. Guten Morgen ihr großen raunenden Kiesel. Vom ewigen Wasser ganz rund gerieben, bis ihr irgendwann aufgerieben nur noch als kleine Sandkörner und fast unsichtbare Staubpartikelchen übrig bleibt. Und dann,- auch der letzte Hauch von Partikel verschwindet im großen Wasser oder in der Weite des Horizonts. Ihr widersetzt euch nicht diesem Prozess der Wandlung von ganz fest zu leicht und leichter bis zu gar nicht mehr. Ihr rollt gleichmäßig, lasst euch rollen und ich höre euch raunen:

 

 

 

 

Das ist die Zeit, die vergeht und mit der Zeit vergeht alles Feste, wird leicht und kehrt zurück, da wo es einst herkam. Auch wir Kiesel kehren zurück in dieses Einsein, wo es keinen Unterschied mehr von Hier und Dort, von Leicht und Schwer, von Himmel und Erde gibt.

Irgendwann wenn die Zeit gekommen ist und wir glatt geschliffen unser letztes Mäntelchen von Ich-bin ausgezogen haben, beginnt die Reise ins Nirgendwo.

 

 

 

 

Was für ein Morgen hier in der schönen Dermatos-Bucht. Ich lasse mir viel Zeit beim Lauschen auf das was aufsteigt und bin mal wieder selbst erstaunt. Darum geht es wohl gerade: um die vielen Mäntelchen von Ich-bin. Wir streifen sie selbst über mit unseren Wünschen und Vorstellungen, sie werden uns angezogen mit unserer Erziehung und der Gesellschaft, in der wir leben. Und das Mäntelchen verwächst so mit uns, das wir es fast mit der eigenen Haut verwechseln,- oder ist selbst die eigene Haut ein Mäntelchen???  Keine Ahnung. Wenn die Zeit reif ist, können wir die Mäntelchen, eins nach dem anderen loslassen und uns schon während des „normalen Lebens“  auf die wirkliche Reise ins Nix einlassen.

Dann müssen wir auch nicht mehr das eine Mäntelchen durch ein anderes ersetzen.

 

 

 

 

Zurück auf die Erde und die relativ normale Welt.

Von meinem scharzen Kies rolle ich gen Myrthos. Es gibt einen großen Parkplatz und ich sparziere durchs „Dorf, vorbei an Tavernen, Geschäften und kleinen Hotels. Ich will vor allem schauen, ob ich durch den Ort komme, denn hinterhalb beginnt die schöne Küstenstraße Richtung Tertsa. Ja, da komme ich durch. Am Strand zurück. Brummeli schnurr, die herrlich schmale Straße unterhalb der Felsen. Nordwind sollte vielleicht nicht sein, weil dann Felsbrocken kullern können. Heute kullert keiner.

 

 

 

 

Vorbei an der Kapelle Batoc, vorbei an den Tavernen von Tertsa. Dieser Küstenabschnitt und der folgende waren früher sehr beliebt bei den Hippies. Da gab es noch keine weißen „Bananenhäuser und Tomatenhäuser, die jetzt die Buchten zieren. Da gab es wahrscheinlich nur eine schräge Piste und man stand fernab nahe diesem blau-türkisenem Meer. Ein paar Einheimische brachten Gemüse. Trotzdem, die Tavernen hier in Tertsa haben noch einen so ursprünglichen Flair.

 

 

 

 

Brummeli schlängelt sich rauf und runter durch die Berge. Die Ortsdurchfahrten sind schmal und vorsichtig jonglier ich zwischen Balkonen, geparkten Autos und der Reststraße entlang. Weiße Plastikhäuser, sehr viel ordentlicher als die in Andalusien, zieren die Bergeinschnitte.

Irgendwann bin ich wieder unten und erforsche die Skoura-Bucht bei Kastri. Ganz am Ende könnte ich stehen mit Blick auf wilde Felsen und einem kleinen schwarzen Sandstrand. Es ist aber schief trotz meinen Unterlegkeilen.

 

 

 

 

Also noch 7 Kilometer weiter bis zur Dermatos-Bucht, die mir ja wärmstens empfohlen wurde. Kein Schild verbietet irgendwas. Ein Schafshirte winkt freundlich und ganz am Ende zeltet noch ein Radfahrer, der sich aber später auf den Weg macht. Seit Oktober ist er unterwegs, hat in Chaina in einem Appartement überwintert und radelt jetzt Kreta entlang. Tüchtig!

 

 

 

 

Brummeli steht von alleine gerade auf rundem Kiesel. Kein Menschlein kommt mehr. So taugt mir das doch und Seelchen darf mal wieder ins Kiesel-Geraune eintauchen. So liebe ich das.